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Ritzen – Selbstverletzung bei Jugendlichen

Ritzen - Selbstverletzung Helga Wissing Ritzen - Selbstverletzung

Lisas Unterarm ist mit Narben übersät. Feine gerade Linien. Einige offensichtlich älter, andere noch ganz frisch. Irgendwann konnte die 15-jährige Realschülerin die Folgen ihres exzessiven Ritzens auch vor den Eltern nicht mehr verbergen.

Und die sind entsetzt. Da ist es kein Trost, dass Lisa keinen Einzelfall darstellt. Etwa fünf bis 20 Prozent der Jugendlichen ritzen sich - Mädchen bis zu zehnmal häufiger als Jungen. So lautet das Ergebnis mehrerer Studien aus unterschiedlichen Ländern. Dabei ist die Tendenz in westlichen Ländern auffällig steigend. Die Betroffenen greifen dabei zu spitzen oder scharfen Gegenständen,  wie Rasierklingen, Glasscherben, Nadeln und Scheren. Einige Jugendliche verletzen sich selbst mit Zigaretten oder schlagen sogar mit dem Kopf gegen die Wand.

Selbstverletzendes Verhalten und Borderline

Jugendliche mit psychischen Störungen oder Problemen haben ein besonders hohes Risiko, selbstverletzendes Verhalten zu entwickeln. Neben Erkrankungen -- wie Depressionen, Ess-, Zwangs- oder Angststörungen – können auch mangelndes Selbstwertgefühl, die Unfähigkeit, Gefühle auszudrücken und schwach ausgeprägte Selbstregulierungskräfte mögliche Ursachen sein. Besonders häufig kommt es im Rahmen einer Borderline Persönlichkeitsstörung zu Selbstverletzungen bei Jugendlichen.

Auslöser der Ritzattacken sind oft belastende Ereignisse, wie beispielsweise Trennung der Eltern, Schulversagen, Missbrauch, Unfälle oder Krankheiten. Bei vielen stellt sich beim Ritzen eine Art Glücksgefühl und Spannungsabbau ein. Das liegt daran, dass der Körper bei einer Verletzung Endorphine, so genannte Glückshormone, ausschüttet.

Weitere Informationen

Hier gibt es weiterführende Hilfe für Angehörige

www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/
www.rotelinien.de

Unerkannte Autoaggression

Fachleute vermuten, dass bei jedem vierten bis fünften Jugendlichen die Autoaggression lange Zeit unerkannt bleibt. Die „Neurologen und Psychiater im Netz“ raten auf ihrem Informationsportal allen Eltern, die einen Verdacht haben, möglichst zeitnah einen Kinder- und Jugendpsychiater oder -psychotherapeuten aufzusuchen, damit, dein Kind rasch Hilfe erhält. Dabei sollte es zunächst nur um die Empfindungen der Jugendlichen gehen. Um zu vermitteln, dass die Probleme und Sorgen der Jugendlichen ernst genommen würden, empfehlen die Experten den Eltern, ihren Kindern Anteilnahme und Verständnis zu zeigen.

Wertvolle Informationen finden Angehörige auch bei der Internet-Initiative „Rote Linien“. Sie richtet sich zum Zweck der gegenseitigen Hilfe vorrangig an Familienmitglieder, an Partner und an Freunde autoaggressiver Menschen.

Letzte Änderung amDienstag, 14 Oktober 2014 13:59
Helga Wissing

Helga Wissing ist freie Journalistin und lebt mit ihren zwei Töchtern in einer Kleinstadt in Nordrhein Westfalen. Mit einer 16-Jährigen unter einem Dach weiß sie genau, wovon sie schreibt. Wechseljahre und Pubertät prallen aufeinander. Ihr Tipp: Ruhe bewahren und trotzdem lieb haben.

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