Problematische Verhaltensweisen

Machtproben in der Pubertät

Kampf mit den Eltern - Machtproben in der Pubertät © K.- P. Adler - Fotolia.com Kampf mit den Eltern - Machtproben in der Pubertät

Sind Jugendliche in einem gewissen Alter, gleicht so manches Gespräch mit den Eltern einem Ringkampf. Dank Forschungsergebnissen weiß man heute: Es liegt an neurobiologischen Prozessen. Machtproben und Pubertät gehören zusammen. Die Lösung besteht darin, die Situationen auch als Chance zu betrachten.

Während der Pubertät wird das Gehirn der Jugendlichen umprogrammiert – auch auf Loslösen und Machtübernahme. Die Heranwachsenden proben ihre Konfliktfähigkeit, lernen eigene Meinungen durchzusetzen und Kompromisse zu schließen. Die Eltern sollten ihnen den nötigen Raum dafür lassen.

Zu diesem Ergebnis kommt Ralph Dawirs, Doktor der Naturwissenschaften und Professor für Neurobiologie am Universitätsklinikum Erlangen. Er leitet dort die Forschungsabteilung der Kinder- und Jugendabteilung für psychische Gesundheit. „Eltern müssen hinnehmen, dass sie auch mal vom Nachwuchs angebrüllt werden, wenn ihm was nicht passt“, resümiert der auf Entwicklungsneurobiologie spezialisierte Experte. Selbst Vater von zwei Kindern, verfasste er Ratgeber wie „Die zehn größten Erziehungsirrtümer“, in die wohl auch eigene Erfahrungen einflossen. Wie heftig Machtproben und andere Auseinandersetzungen mit Jugendlichen ausfallen, hänge von der bisherigen Erziehung ab.

Machtproben in der Pubertät als „Geschenk“ betrachten

Dies bedeutet keineswegs, sich alles gefallen zu lassen vom aufbegehrenden Nachwuchs. Es gibt auch konstruktive Möglichkeiten, um mit Machtproben in der Pubertät umzugehen. Der dänische Familientherapeut Jesper Juul etwa ist der Ansicht, dass es verkehrt wäre, wenn Eltern ihre eigenen Werte „mit Zähnen und Klauen“ verteidigten – indem sie etwa versuchten, die Kinder zu manipulieren oder ihnen Konformität aufzuzwingen.

Genauso verkehrt wäre das andere Extrem, also den Weg des geringsten Widerstands zu gehen und zu allem „Ja und Amen“ zu sagen. Die Alternative besteht laut Juul vielmehr darin, Konflikte – und dazu gehören Machtproben – als „Geschenk und Herausforderung“ zu betrachten. Denn in der Tatsache, das beispielsweise auch mal die eigenen Wertvorstellungen in Frage gestellt werden und den Debatten, die sich darauf ergeben, liege auch eine Chance, „weil vieles in unserem Leben im Lauf der Zeit zur Routine erstarrt, die im Interesse aller dann und wann hinterfragt werden sollte.“ Und jede Auseinandersetzung – wenn sie in einer guten Athmosphäre geführt wird – bietet die Möglichkeit in Kontakt mit seinem Kind zu bleiben, zu hören und zu begreifen, was ihm wichtig ist und die Standpunkte zu hinterfragen. Mit anderen Worten: Eltern sollten Kinder in der Pubertät als das begreifen, was sie sind – heranreifende Erwachsene mit eigenen Köpfen.

Letzte Änderung amDienstag, 19 August 2014 19:20
Christine Lendt

Christine Lendt arbeitet als Journalistin und Buchautorin in Hamburg. Wenn sie ihre Reiseführer und Erlebnisbücher verfasst, hat sie das im Blick, was Familien besonders viel Spaß macht. Auch zahlreiche Fachartikel entstammen ihrer Tastatur, unter anderem zum Themenfeld Schule, Ausbildung und Studium. Bild: Simone Friese

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