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Wie viel Feiern und Nähe ist erlaubt? Als JugendleiterIn vorbildlich handeln

Aufsichtspflicht für JugendleiterInen Foto: Syda Productions-fotolia.com Aufsichtspflicht für JugendleiterInen

Bei Freizeiten und Ferienfahrten gehören Spaß und Scherze dazu und auch die eine oder andere Party. Doch wie weit darf dabei ein Jugendleiter gehen? Inwieweit darf er mit den Jugendlichen mitfeiern oder gar Alkohol trinken? Hier gilt es klare Grenzen zu ziehen, zumal sonst auch die Aufsichtspflicht verletzt werden kann. 

Gemeinsame Reisen und Zeltlager, Kindergruppen wie die „Actionkids“ , Fußball und Gitarrenkurse und vieles mehr: Jugendarbeit in Deutschland bedeutet vielfältige Angebote, ein Netz aus Jugendverbänden, Jugendringen, Vereinen und anderen freien Trägern spannt sich über alle Bundesländer. Die einen geben sich konservativer, die anderen innovativer, so manche vermitteln bei ihrer Arbeit auch christliche Werte. Entsprechend unterschiedlich werden Regeln gehandhabt, etwa auch die Frage, ob sich Jugendleiter nach getaner Arbeit bei einer Freizeit ein Bierchen genehmigen dürfen. 

So hat man bei den CVJM Brandenburg, einem freien Träger der Jugendhilfe, entschieden, dasswährend der eigenen Freizeiten grundsätzlich kein Alkohol getrunken wird – auch nicht von den Pädagogen nach Feierabend. Doch es kann mit entsprechender Umsicht auch anders gehandhabt werden. „Bei anderen Freizeiten habe ich es durchaus erlebt, dass Jugendleiter ein oder zwei Bier am Abend trinken durften“, sagt CVJM-Jugendreferent Wolfgang Thörner. „Das ist auch vertretbar, solange immer ausreichend Betreuer dabei sind, die dann gar keinen Alkohol trinken.“ Hintergrund ist die Aufsichtspflicht: Sie muss stets in vollem Umfang gewährleistet sein. „So kann es auch nachts zum Beispiel einen Notfall geben, wegen dem man einen Jugendlichen mit dem Auto in die Ambulanz fahren muss – und dies natürlich vollkommen nüchtern.“ Auch macht sich ein Jugendleiter, der in den Zimmern oder Zelten nach dem Rechten sieht, mit Bierfahne weniger gut.

Zehn Tipps für Jugendleiter/Innen

1Die Aufgabe ernst nehmen: Es geht hier um Verantwortung und auch um die Aufsichtspflicht.

2Sich immer der eigenen Vorbildfunktion bewusst sein.

3Ein offenes Ohr für die Kinder und Jugendlichen haben, die man betreut. Die Dinge wahrnehmen, die sie vielleicht beschäftigen

4Gut vorbereitet sein auf die Freizeiten und das Programm.

5Nicht „zu nah“ an den Jugendlichen sein im Sinnen von Einmischen – Sie auch vieles selbst machen lassen.

6Mit Alkohol äußerst maßvoll umgehen – wenn überhaupt, sollten nur soviele der Betreuer abends welchen trinken, dass immer noch genügend andere die Aufsichtspflicht wahrnehmen können.

7Vorsicht beim Umgang mit dem anderen Geschlecht und sich absichern: Bei gemischten Gruppen immer auch Frauen und Männer als Betreuer dabei haben.

8Angemessen mit dem Internet umgehen: Etwa darauf achten, welche Bilder man nach der Freizeit auf Facebook postet, auch auf den privaten Seiten. Bei veröffentlichten Fotos immer die Bildrechte vorab klären (Einverständnis der Eltern bei Minderjährigen einholen).

9Unter Umständen auch mal die Eltern besuchen, um mehr über das Umfeld der Kinder und Jugendlichen zu erfahren – Man kann sich dann auch besser auf sie einstellen.

10Sich weiter fortbilden: Es nicht bei der Juleica belassen, sondern zum Beispiel noch den Rettungsschwimmerschein erwerben – das kann z.B. wichtig sein bei einer Freizeit am See.

(von Wolfgang Thörner, Jugendreferent bei den CVJM Brandenburg)

Ein heikles Thema: Alkohol auf Freizeiten

JugendleiterIn sein bedeutet auch eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Sobald also Alkohol in Maßen auf Freizeiten erlaubt ist, sieht sich jeder der Betreuer mit der Frage konfrontiert: Wie wirke ich damit vor „meinen“ Kindern und Jugendlichen? Denn selbst wenn erst die Kronkorken fallen, sobald die Schützlinge in ihren Zelten liegen, wird doch der eine oder andere den Konsum mitbekommen. Also lieber gleich ganz offen damit umgehen? So kann man einerseits argumentieren, dass Alkohol das gesellschaftliche Leben prägt und ein maßvoller Umgang damit auch vorgelebt werden kann – andererseits aber auch, dass jede Bierflasche in der Hand eines Pädagogen bleibende Eindrücke beim zu betreuenden Nachwuchs hinterlässt. Bei einigen Trägern hat man daher mit einem klarem Nein solche Zwiespälte von vornherein ausgeschlossen.

Wo die Aufsichtspflicht beginnt und wann sie verletzt wird, ist ein komplexes Thema. „Grundsätzlich bedeutet sie aufzupassen, dass den anvertrauten Kindern und Jugendlichen kein Schaden zugefügt wird“, erklärt Wolfgang Thörner. „Und auch darauf zu achten, dass die Heranwachsenden selbst keinen Schaden anrichten, dass man sie also von Unfug abhält und klare Regeln aufstellt.“ Der Verantwortung müssen sich Pädagogen und Jugendleiter laufend bewusst sein,  bekommen sie doch für die Zeit der Betreuung die Aufsichtspflicht von den Eltern übertragen, die nur das Beste für ihren Sohn oder die Tochter wollen.

Zwischen Respektperson und Kumpel

Jugendleiter sind jedoch keine patrouillierenden Kontrollposten, die allein auf die Einhaltung von Regeln achten. Vielmehr soll die gemeinsame Zeit auch allen Spaß machen, zusammen lachen, Herausforderungen meistern und ein Wir-Gefühl gehören dazu. Wo aber liegen die  Grenzen und wie findet man seine Rolle, die irgendwo zwischen der Respektperson und dem „Kumpel“ liegt, wie viel Nähe und Vertrautheit darf sein? „Als Jugendleiter ist man auf jeden Fall auch ein Ansprechpartner, zu dem die Kinder und Jugendliche mit ihren Problemen kommen können“, stellt Wolfgang Thörner klar. „Auf der anderen Seite sollte man einen gewissen Abstand schon einhalten. So sollte bei der Betreuung von Jugendlichen immer ein gleichgeschlechtlicher Mitarbeiter dabei sein.“ Zu leicht könnte sonst das Thema Annäherung völlig falsch verstanden werden. Denn auch wenn die Abkürzung CVJM traditionsgemäß für die  „Christlichen Vereine Junger Männer“ steht, sind längst auch Mädels mit dabei.

Ist der Jugendleiter selbst noch jugendlich – mit der JugendleiterIn-Card (Juleica) ist diese Aufgabe ab 16 Jahren möglich – so ist es eine besondere Herausforderung, die nötige Distanz zu wahren. „Wir achten beim CVJM daher auch auf einen Altersabstand zwischen den Jugendleitern und zu betreuenden Heranwachsenden“, ergänzt der Jugendreferent. Bedeutet: 16-Jährige Jugendleiter betreuen in der Regel die jüngeren Kinder und nicht andere Teenager. Doch auch dies wird bei den einzelnen Träger durchaus unterschiedlich gehandhabt und die Jugendleiter sind auf ihre Aufgaben vorbereitet. „Während der Ausbildung zu Juleica wird intensiv auf Themen wieAufsichtspflicht und Freizeitgestaltung eingegangen. Die jungen Jugendleiter lernen dabei eine Menge und profitieren auch selbst davon. Zudem besprechen wir bei jeder Freizeit vorher und nachher den Umgang miteinander und reflektieren unser Verhalten.“

Anleiten und „machen lassen“

Die altersbedingte Nähe hat auch ihre Vorteile. „Die Jugendleiter sind dann auch dichter dran an der Welt der Kinder und Jugendlichen, können sie noch mehr für Aktionen begeistern“, bestätigt Wolfgang Thörner. Wesentlich sei dabei aber auch, dass die Betreuer nicht alles vorgeben, sondern den Kindern und Jugendlichen auch Raum zum eigenständigen Handeln lassen. „Die Heranwachsenden sollten ihre Freizeit selbst gestalten und dabei Tipps und Unterstützung erfahren. Das bedeutet also etwa, wenn es darum geht eineDisco zu organisieren, sollte nicht der Jugendleiter als DJ im Mittelpunkt stehen, sondern es sollten die Jugendlichen angeregt werden, ihre Musik auszusuchen und den Abend zu gestalten.“

Letzte Änderung amDonnerstag, 13 August 2015 20:05
Christine Lendt

Christine Lendt arbeitet als Journalistin und Buchautorin in Hamburg. Wenn sie ihre Reiseführer und Erlebnisbücher verfasst, hat sie das im Blick, was Familien besonders viel Spaß macht. Auch zahlreiche Fachartikel entstammen ihrer Tastatur, unter anderem zum Themenfeld Schule, Ausbildung und Studium. Bild: Simone Friese

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