Der Tag an dem ich rückwärts aus dem Zimmer meines Sohnes wieder rausfiel. Und - by the way - wo ist er überhaupt?
- geschrieben von Anna Gandow
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So was gibts doch gar nicht. Und das bei meinem Sohn, der bislang immer größten Wert auf ein aufgeräumtes Zimmer gelegt hat. Eben habe ich alle Fenster im Haus zumachen wollen, weil ein Gewitter im Anflug ist, und bin seit Tagen zum ersten Mal in das Zimmer meines Sohnes gekommen. Und dann das: dreckiges Geschirr, ein überquellender Mülleimer, halbleere Flaschen, Essensreste, eine Salzstangenpackung. Daneben Wäsche auf dem ganzen Fussboden verteilt. Dreckig? Sauber? Keine Ahnung.
Es sieht furchtbar aus. Ein Wunder, dass es noch nicht krabbelt. Ein Wunder, dass er eigentlich immer ganz gestylt aus dem Haus geht. Wo nimmt er die frischen Sachen nur her? Und ist es wirklich so schwer einen Joghurtbecher, wenn er alle ist, wieder in die Küche zu bringen um ihn entsprechend zu entsorgen? Ist das nicht total eklig, neben einem 3-Tage-alten abgegessenen Teller mit angetrockneter Tomatensauce am Schreibtisch zu sitzen? Wie kann man seine Freundin in so ein Dreckstall einladen zwischen all die Unterhosen und Stinkesocken? Und ja, da liegt auch das Sportzeug. Buah. Mich schüttelst. Doch vermutlich ist das Aufräumen grad mein geringeres Problem. Viel größere Bauchschmerzen macht es mir, dass mein liebes Pubertier einmal wieder verschwunden ist. „Hab keinen Akku mehr, komme später.“ war das letzte, was ich vorhin noch über das Handy aus ihm rausholen konnte. Ist nicht das erste Mal. Einmal kam er erst am nächsten Tag. „Wir haben bei Micha noch gechillt, der hat sturmfrei.“ Leider weiß ich nicht mal bei welchem Micha (steht auf jeden Fall nicht auf der Klassenliste) er gewesen sein könnte. Und reden, nein, reden ist für meinen Sohn eine völlig abwegige Vorstellung. „Chill doch mal!“ die Pauschalantwort egal ob es ums Aufräumen oder ums Mitteilen von Aufenthaltsorten geht. Und Absprechen? Fragen? Dürfen? Hah, davon sind wir bereits Lichtjahre entfernt. Was würden wohl die Pädagogen dazu sagen? „In Kontakt bleiben“ lese ich immer wieder. Gut. Das versuche ich. Ich werde jetzt hier auch ganz bestimmt nicht aufräumen. Auch wenn ich nachher eh noch einkaufen gehe und die Pfandflaschen wegbringen könnte. Nein, das ist wirklich sein Job. Grad fällt mir ein, dass meine Freundin mich einmal aus einem wohl ähnlichem Chaos im Zimmer ihrer Tochter anrief, als sie dort gerade auch noch benutzte Slipeinlagen zwischen den Anziehsachen fand. Damals konnte ich mir nicht vorstellen, dass es bei uns soweit kommen würde. Jetzt bin ich wohl auch im Club. Seufz.
Anna Gandow
Anna Gandow lebt mit ihrer Patchworkfamilie am Bodensee. Ihre Jungs aus erster Ehe stecken mitten in der Pubertaet und lassen nix aus - so wie es ihr manchmal scheint. Ihre kleine Tochter hat noch ein paar Jahre Zeit, bevor es los geht. Vermutlich wird es mit einem Mädchen ganz anders – das hört Anna zumindest im Moment, wenn sie sich mit ihren Freundinnen unterhält. Für pubertaet.de betreut sie die Rubrik "Trost & Mut" und füllt diese mit allerlei Briefen, Kolumnen und Links. "Es geht vorbei" ist ihr Mantra, "Du bist nicht allein" ihre Botschaft. Und Unfug hatten ihre Kinder schon immer im (oder auf) dem Kopf …