Grenzen setzen in der Pubertät: Auf dem Drahtseil zwischen Ja und Nein
- geschrieben von Christine Lendt
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Zum Erwachsenwerden gehört es, ein Verhältnis zu Alkohol, Partys, Internet und anderen potenziellen Gefahrenzonen zu entwickeln. Andererseits haben Eltern auch Sorge für das Wohlergehen des Kindes zu tragen. Einige Regeln muss es auch für Jugendliche geben. Wo und wie lassen sich Grenzen setzen?
Es ist ein Balanceakt, bei dem es klug abzuwägen gilt. Dazu der Entwicklungspsychologe Prof. Herbert Scheithauer in DJI Impulse, dem Magazin des Deutschen Jugendinstituts: „Es gibt Situationen, in denen ein klares Reglement wichtig ist und Jugendliche dieses kennen und als Konstante wahrnehmen sollten. Es gibt aber auch Momente, in denen dieses Reglement nicht so stark sein sollte, dass die Beziehung zu den Eltern in Frage gestellt wird.“ Natürlich dürfen Eltern etwa unter 16-Jährigen nicht erlauben, ein Bier zu trinken. Dies lässt sich auch gut begründen. Doch es gibt Situationen mit größerem Spielraum. Zu starre Regeln, deren Sinn und Nutzen fraglich ist, können zu Lasten der Beziehung gehen, weil ein Jugendlicher diese Grenzen in der Pubertät sie als „reine Schikane“ empfindet.
Ein „gleichwürdiger Dialog“: Regeln für Jugendliche
Fehlt die familiäre Basis, so fehlt auch eine Halt gebende Säule. Die Gefahr, „unter die Räder“ zu kommen, ist dann umso größer. Die emotionale Wärme sollte grundsätzlich immer erhalten bleiben, betont der Experte. „Wenn Jugendliche wissen: Das sind meine Eltern, sie haben diese Absichten, und die sind auch berechenbar, verfügen sie über Raum, in dem sie experimentieren können.“
Grenzen setzen mit Verstand, Regeln für Jugendliche in der Pubertät
Buchtipps zum Thema
Jesper Juul: Pubertät – wenn Erziehen nicht mehr geht
www.randomhouse.de/Buch/Pubertaet-wenn-Erziehen
Jan-Uwe Rogge: Pubertät - Loslassen und Haltgeben
www.rowohlt.de/buch/Jan_Uwe_Rogge_Pubertaet
Linktipp:
So setzen Väter am besten Grenzen- Wie Väter durch die Pubertät kommen
www.vaeter-zeit.de/vaeter-maedchen-jungen/wie-vaeter-durch-die-pubertaet-kommen.php
Ähnlich sieht es der Familientherapeut Jesper Juul. Er rät, in der Pubertät „einen gleichwürdigen Dialog“ über Regeln für Jugendliche zu führen. So lassen sich auch eher Grenzen setzen. Nach dem Motto: „Jetzt, wo du ein gewisses Alter erreicht hast, ist es uns wichtig, bestimmte Absprachen mit Dir zu treffen.“ Dazu könnten Eltern etwa vorab Vorschläge für Regeln per Email schicken. Sie sollten dem Jugendlichen einräumen, auch Gegenvorschläge zu machen und sich dann darüber verständigen – zum Beispiel bei einem gemeinsamen Pizza-Essen. Bei weiteren Zusammenkünften sollten die Regeln dem aktuellen Alter und Gegebenheiten angepasst, Grenzen neu definiert werden. „Solch ein gleichwürdiger Dialog stärkt die Eigenverantwortung des Kindes und die Fähigkeit der Eltern, ihre Macht zu verwalten und Vertrauen zu etablieren“, resümiert Juul.
Christine Lendt
Christine Lendt arbeitet als Journalistin und Buchautorin in Hamburg. Wenn sie ihre Reiseführer und Erlebnisbücher verfasst, hat sie das im Blick, was Familien besonders viel Spaß macht. Auch zahlreiche Fachartikel entstammen ihrer Tastatur, unter anderem zum Themenfeld Schule, Ausbildung und Studium. Bild: Simone Friese
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